Freitag, 28. Januar 2011

Leseprobe: Fantasykurzgeschichte "Verschlungene Pfade"




Ich möchte euch gerne eine kleine Leseprobe aus meiner Fantasykurzgeschichte "Verschlungene Pfade" vorstellen.


Die Geschichte wird in der Anthologie "LeseBlüten Fantasy 2011" im piepmatz Verlag erscheinen.

Noch sind 3 Plätze frei!
Einsendeschluss ist der 31.01.2011






Leseprobe aus "Verschlungene Pfade"


...

Kurz vor Sonnenuntergang bog Neferrilion um eine schmale Felsnase und dahinter bot sich ihm ein zufriedener Anblick. Er hatte die nächste Siedlung erreicht. Mit einem erleichterten Seufzer schaute er gen Horizont, wo allmählich die orangerote Sonne im Westen versank und tauchte den kleinen Abschnitt Leven’raukas in eine malerische Abenddämmerung.
Mit der Aussicht auf ein warmes Essen und eine geruhsame Nacht schritt er schneller voran und kam kurz darauf an einem verwitterten Straßenschild vorbei. In verblassten Lettern las er den Dorfnamen, wobei das A und das I von Alastir kaum noch zu erkennen waren. Fast jedes Haus wies schräge Dachgiebel, sowie löchrige Außenwände auf und doch besaß jedes einen kleinen, sorgfältig angelegten Garten. Blühende Blumen und wohlriechende Küchenkräuter verströmten ihren Duft und machten ihm den Mund auf eine köstliche Mahlzeit schmackhaft.
Wenige Meter später traf er auf eine alte Frau und auf seine Frage nach einem Gasthaus, deutete sie ans Ende der Straße und gab ihm eine Warnung mit auf den Weg. Dort würden Raubtierjäger ihr Jagdgeschick mit viel Alkohol feiern und er solle auf der Hut bleiben.
Neferrilion bedankte sich herzlich und betrat schließlich das Gasthaus „Zum einäugigen Drachen“. Sofort drang der Lärm der feuchtfröhlichen Gäste an sein Ohr. Viele brennende Kerzen auf Holztischen und Fackeln an den Wänden erhellten den Schankraum und hüllten ihn trotz ihres Scheines in ein dämmriges Licht. Alle Tische waren besetzt, während zwei Mägde mit vollen Tabletts und gefüllten Weinbechern hin und her huschten. Der Wirt hinter der Schanktheke kam kaum mit der Arbeit nach und schenkte unablässig Becher mit Wein oder selbstgebrautem Bier ein.
Als der Gastwirt den Neuankömmling bemerkte, winkte er ihn zu einem kleinen Tisch neben dem Kamin, der sich ganz hinten in der Stube befand. Diese Geste quittierte Neferrilion mit einem freundlichen Lächeln, schlängelte sich durch die Gästeschar, legte den Rucksack und seinen Wasserschlauch ab und nahm Platz. Doch kaum saß er, schluckte er merklich und in seine plötzliche Überraschung mischte sich der Hauch von Ärgernis.
„Du?“, fragte er ungeniert und starrte den Raukarii von heute Mittag direkt in die goldenen Augen.
Goldene Augen? Er selbst besaß eine goldene Augenfarbe, doch diese außergewöhnliche Eigenschaft rührte von seiner Unsterblichkeit her. War es nur Zufall oder hatte es vielleicht etwas zu bedeuten? Aber er kam nicht dazu weiter darüber nachzudenken, schon wurde er abgelenkt.
„Was heißt hier Du?“, fragte der Raukarii und lächelte schelmisch. „Das Essen schmeckt gut, nur die Gesellschaft lässt zu wünschen übrig.“
„Es gibt leckeren Eintopf und dazu ein kühles Glas Wein“, erklang eine weibliche Stimme von der Seite und Neferrilion erkannte eine vollbusige Magd. Erneut war er abgelenkt worden.
„Habt Ihr auch ein Bett für mich?“
„Zwei Topas für Essen und Zimmer“, erwiderte sie und lächelte.
Neferrilion überlegte sorgfältig bevor er antwortete. Zwei Halbedelsteine waren ein teuerer Preis für diese Gegend, aber schon morgen wartete ein weiteres Stück Weg auf ihn und unter freiem Himmel wollte er nicht übernachten, daher nickte er zustimmend. Aus seiner verborgenen Lederbörse, die er unter der Lederrüstung trug, holte er die geforderte Bezahlung hervor. Denn Edelsteine waren das gängige Zahlungsmittel in Leven’rauka.
„Zimmer Dreizehn ist noch frei, ich bringe Ihnen den Schlüssel mit Ihrer Bestellung“, erklärte die Magd und fuhr schließlich nach einem anzüglichen Grinsen zu Neferrilions Tischnachbar fort, während sie die .Zahlung in die Schürze steckte. „Wünscht Ihr Rotwein oder Weißwein zum Essen?“
Er entschied sich für Weißwein und beobachtete in den Augenwinkeln, wie die junge Frau verschwand und der Raukarii ihr mit eindeutigem Blick nachstellte, um sich gleich wieder an Neferrilion zu wenden, der ihm gegenüber saß und im Rücken konnte er nur erahnten, was im vollen Schrankraum geschah.
„Was führt Euch in eine so trostlose Gegend, wo sich Hase und Fuchs Gute Nacht sagen?“, kam die überraschende Frage.
„Das könnte ich ebenfalls fragen“, antwortete Neferrilion und wunderte sich, wie der Mann vor ihm hier hatte ankommen können, wo ihm auf dem Weg zu diesem Dorf niemand begegnet war, außer man zählte Kaninchen und Vögel nicht mit dazu. „Doch verzeiht, mir gelüstet es zurzeit nach keinem Gespräch, ich will nur etwas essen und dann schlafen gehen.“
„Schade, dabei hätte ich gerne Euren Namen gewusst“, seufzte der eigenartige Raukarii und unterstrich seine Worte mit einem amüsierten Schmunzeln.
„Meine Name ist nicht wichtig“, meinte Neferrilion brüsk und wollte einfach nur seine Ruhe.
„Ich heiße Hytaas“, sagte der Raukarii unaufgefordert und erhielt damit die ungeteilte Aufmerksamkeit von Neferrilion, der bereits seinen Mund zu einer Erwiderung geöffnet hatte, aber nicht dazu kam ihn von weiteren Unterhaltungsversuchen abzubringen. „Eigentlich wollte ich Euren Namen nur wissen“, fuhr Hytaas fort, „um mich bei Euch rechtzeitig zu verabschieden, bevor Ihr getötet werdet.“ Dabei deutete er mit dem Kinn in Richtung Schankraum.
Neferrilion drehte sich um und sah das nahende Unglück auch schon. Fünf grobschlächtige Männer in schmutzigen Hosen und Stiefeln kamen auf ihren Tisch zu. Das konnte nur eines bedeuten: Ärger! Ausgerechnet jetzt und heute. Er hatte das Gefühl Streit magisch anzuziehen, das war schon öfters der Fall gewesen und dabei wollte er doch nur in Ruhe seinen leeren Magen füllen. Lag es möglicherweise an seinem stolzen Auftreten, dass ihn die angetrunkene Jagdgesellschaft entdeckt hatte? Oder war es sein heiliges Symbol des Feuergottes in Form eines goldenen, gehörnten Drachens, welches er an einer goldenen Kette offen auf der Brust trug? Oder war es einfach nur, dass er ein besseres Erscheinungsbild darbot, als die meisten hier?
Egal was es war, die fünf ungehobelten Raubtierjäger blieben neben ihm stehen, bildeten einen Halbkreis und wedelten mit ihren Dolche mit getrocknetem Tierblut vor ihren Nasen herum.
„Mein Name ist Neferrilion“, verkündete er schließlich, ignorierte die Umherstehenden und meinte, „Hytaas ist ein sehr ungewöhnlicher Name.“ Er hatte einiges zu bieten, wenn die Männer Ärger suchten. Aber einfach wollte er es ihnen nicht machen und tat deshalb so, als gäbe es sie gar nicht.
„Du kennst noch nicht meinen vollständigen …“, duzte Hytaas ihn ungefragt, wurde aber unterbrochen, als die Magd sich mit einem Tablett durch die Ärger suchenden Raukarii kämpfte und sie deren schäbigen Sprüche an sich abprallen ließ.
„Macht Platz und geht zurück, ich bring euch gleich neues Bier“, erklärte sie mit der Kaltschnäuzigkeit einer selbstbewussten Bedienung. Sie stellte einen dampfenden Teller Eintopf und einen gefüllten Weinbecher vor Neferrilion ab, legte ihm den Schlüssel zum Zimmer neben den mitgebrachten Holzlöffel und verschwand.
„Du willst hier wohl auf die Jagd gehen?“, erklang plötzlich eine lallende Stimme an Neferrilions Ohr. Doch er seufzte lediglich, steckte den Schlüssel ein und nahm den Löffel in die Hand. Seelenruhig probierte er das köstlich duftende Essen. Es schmeckte gut und gerade als er den Löffel zum zweiten Mal an den Mund führte, wurde er ihm aus der Hand geschlagen.
Wütend schluckte er, beinahe wäre der heiße Eintopf auf seiner Hand gelandet, aber er versuchte weiterhin die ungebetenen Gäste zu ignorieren. Aber nicht lange, da sprach der betrunkene Jäger abermals. „Das ist unser Gebiet, hier jagen nur wir!“
„Seht Ihr nicht, Ihr stört!“, erklärte nun Hytaas herausfordernd und funkelte die Männer grinsend an. „Hier wollen sich zwei ehrenwerte Männer unterhalten und dabei versperrt Ihr mir die Sicht.“
„Die Sicht auf was?“, fragte eine zweite angeheiterte Stimme und derjenige rülpste abschließend laut.
„Sicherlich nicht den Anblick deiner hässlichen Fratze“, lachte Hytaas und Neferrilion konnte bereits den Angriff erahnen, bevor er ihn kommen sah.

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1 Kommentar:

  1. Liebe Annette,

    Schon eine Weile stöbere ich durch deinen Blog und lese deine Beiträge. Deine Geschichte klingt spannend und ich freue mich schon, bald den Rest davon lesen zu können.
    Wie viele Seiten sind es denn insgesamt? (Ich weiß, ich bin gar nicht neugierig *g*)

    Wünsche dir einen schönen Abend,
    liebe Grüße, mirjam

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